Teereise Japan 2024
Am 3. Mai startet unsere diesjährige Teereise nach Japan.
Japanreise 2024 1. – 3. Mai
Von München aus beginnt eine Teereise immer erst mal mit einem langen Flug. Das Tea House war schon oft in Japan, für mich ist es allerdings die erste Japanreise überhaupt.
Nach Miyasaki, der ersten Station dieser Reise, fliege ich mit Umstieg über Helsinki und Tokio, dabei überquerte ich scheinbar den Nordpol, wie man mir schriftlich mitteilt.
Da ich mein Gepäck nicht für den Weiterflug nach Miyazaki durchchecken konnte, muss ich nach der Landung meinen Koffer abholen und mit meinem Gepäck einen Halbmarathon zur Einreisekontrolle laufen, die Warteschlange davor bewegt sich zwar in schnellem Schritt, bei über 20 Reihen von etwa 50 Metern ist sie aber einen guten Kilometer lang. (und Fotografieren ist dort nicht erlaubt). Einreise, wieder Einchecken und Wechsel zum Terminal 1 für Inlandsflüge verlaufen aber reibungslos, so dass mir danach nur noch eins zu tun bleibt, drei Stunden warten auf den Flug nach Miyazaki.
Miyazaki erreiche ich gegen 21 Uhr, bis zum Hotel brauchte ich noch etwa eine halbe Stunde, nach über 30 Stunden Reisezeit, gibt es dann endlich eine warme Dusche und ein bequemes Bett.
Am 3. Mai steht noch kein Programm, ich nutze also den Tag, um die Stadt zu erkunden und meine japanische Simkarte für mobile Datennutzung zu aktivieren, dauert auch länger als erwartet.
Nach dem Frühstück geht es erstmal in den nächsten großen Supermarkt,
rein aus Interesse, außer einer Packung Erdnüsse (Pīnattsu) als Reiseproviant brauch ich eigentlich nichts.
Die zweite Hälfte des Tages schlendere ich durch die „Awakihara Forest Park Promenade“ welche als begrünter Pfad parallel zum Meer verläuft,
Miyazaki ist bei nur knapp 400.000 Einwohnern allerdings doppelt so groß wie München von der Fläche, und ich merke, dass ich mich doch etwas verschätzt habe, als ich erst gegen 18 Uhr am Strand ankomme.
Japanreise 2024 – 4. Mai
Heute geht es in die Produktionsstätte der Familie Ooishi bei Miyakonojō, das ist eine ziemlich Überraschung, da der Familienbetrieb erst seit kurzem bei Marimo vertreten ist und bisher noch nie eine Gruppe Teehändler aus dem Ausland empfangen hat.
Bevor es losgehen kann, müssen wir erst noch am Bahnhof unsere JapanRail-Coupons gegen die gültigen Tickets eintauschen und aktivieren, das ist trotz Übersetzungshilfe gar nicht einfach, zumindest nicht für den neu eingelernten Mitarbeiter am Schalter, der das nach eigener Aussage zum ersten mal macht. Ich schaue dabei stumm zu und versuche möglichst unterstützend zu schauen, ab und zu nicke ich zustimmend, während sich hinter mir eine kleine Warteschlange bildet. Am Ende klappt alles und wir steigen in den Zug von Miyazaki Richtung Kagoshima-Chūō.
Als wir ankommen, ist die ganze Familie aus dem Häuschen, es wird begrüßt, hin- und hergeräumt, Hausschuhe zusammen gesucht, immer wieder kurz unterbrochen von einem Sprung zur Teeproduktion, die im vollem Gange ist und ständige Aufmerksamkeit braucht.
Nach der Vorstellungsrunde und einer Tasse unglaublich gutem und intensiven Sencha bekommen wir die Teeproduktion gezeigt.
Nachdem die Blätter in gewünschter Form sind, wird der Tee final getrocknet und anschließend sortiert, sowohl nach Größe, als auch nach Beschaffenheit.
Japanreise 2024 – 5. Mai
Doch bevor wir zur Produktion kommen, müssen wieder mit dem Zug fahren. Auf dem Weg packe ich mir in einer Bäckerei noch ein kleines Frühstück zusammen, das Hotelbuffet habe ich vor lauter Reisebericht schreiben, glatt verpasst.
Wir fahren nach Tsuno, die Kleinstadt mit ca. 9000 Einwohnern liegt etwa 50km nördlich von Miyazaki und ist von Landwirtschaft geprägt. Von den zwei bestellten Taxis trifft erstmal nur eines ein und bittet darum, schon mal mit der Hälfte der Gruppe loszufahren, weil nicht sicher ist wann überhaupt ein zweites freies Taxi verfügbar wird. Lange müssen wir dann aber doch nicht warten, bevor es eintrifft und wir zusammen losfahren.
Die Fabrik liegt Rande der Kleinstadt, unauffällig, halb versteckt, nur die Felder verraten das es hier Tee gibt. Noch wenige Meter vor der letzten Abzweigung könnte man meinen man hätte sich verlaufen.
Eigentlich wollte ich nur die Unterschiede in der Produktion hervorheben um nicht noch einmal das Gleiche wie gestern zu erzählen. Beim ersten Schritt in die Fabrik ist diese Sorge jedoch vergessen, denn man spürt sofort, hier läuft alles anders.
Der Geruch ist nussiger, weniger grün. Es rüttelt und schüttelt alles, aber der Takt ist ein anderer; die Teeblätter fließen über die Laufbänder durch die Maschinen wie ein Fluss über rund gewaschene Kiesel.
Yusuke Kadota und sein Vater Junji stellen auf traditionelle Weise Kamairicha her. Im Gegensatz zu Sencha wird dieser Tee nicht bedampft sondern ausschließlich trocken erhitzt.
Die Maschine stammt noch aus den 60er Jahren.
Der Kamairich von Kadota ist kein vollmundiger Tee, kein Tee mit tiefer Süße, ich würde ihn als etwas herb, grasig-frisch und klar beschreiben. In jedem Fall ist er aber sicher kein Tee, der jedem auf Anhieb zusagt und der sich von seiner Art auch in Japan abseits vom Trend bewegt. Warum man sich trotzdem so viel Mühe macht, einen solchen Tee herzustellen?
Die Geschichte von dem anderen Gast hat mir das verständlich gemacht.
Der Mann, der hier mitarbeitet ist kein eingestellter Fabrikarbeiter oder ein helfender Verwandter, sondern ein Restaurantbesitzer aus Tokio, der sich auf die Suche gemacht hat, um einen Tee zu finden der so schmeckt, wie der, den seine Großmutter in seiner Kindheit selbst hergestellt hat. Dafür sei er durchs ganze Land gereist und hat alle Kamairicha Hersteller besucht die er finden konnte. Nur hier hat er ihn letztlich gefunden, den Geschmack seiner Kindheit, einen Tee aus der Vergangenheit: rein, herb und klar. Seitdem hilft er jedes Jahr bei der Ernte und nimmt anschließend Tee mit, den er in seinem Restaurant zubereitet und verkauft.
Japanreise 2024 – 6. Mai
Frau Misa und Herr Naoki Kamimizu betreiben den Teegarten Kami-no En und zwar in der ersten Generation, wie sie das machen, wollen wir uns heute anschauen. Das Wetter ist in der Nacht gekippt und auf dem Weg vom Hotel zum Bahnhof ergießen sich Regenschauer über uns. Zum Glück bleibt es dabei relativ mild. An der Rezeption habe ich noch einen Regenschirm für umgerechnet knapp 4 € erworben. Dieser erweist sich schon auf dem Hinweg als wichtiger Begleiter für den Tag.
Die drei Minuten die unser Zug deswegen Verspätung hat wären bei uns Zuhause noch als pünktlich durchgegangen.
In Kawaminami steigen wir aus und werden freundlicherweise abgeholt und bis zum Eingang der Fabrik gefahren.
Auch diese Fabrik hat ihren eigenen Rhythmus und diesmal ist er hektisch. Gerade wird der letzte Teil der Ernte verarbeitet. Alle Maschinen laufen, wir wuseln umher um Fotos zu machen und Naoki Kamimizu prüft mit konzentriertem Blick an jeder Ecke, ob auch alles richtig läuft. Jetzt hat erstmal der Tee Vorrang.
Während Herr Kamimizu die nötige Handarbeit verrichtet nutze ich die Gelegenheit, mir noch einmal ein paar Details anzuschauen.
Dieser Container fasst bis zu zwei Tonnen Teeblätter. Von unten wird frische Luft durch das Gitter geblasen. Hinten werfen die rotierenden Förderfinger kontinuierlich die richtige Menge auf das Förderband.
Kurz darauf wird es ruhiger und alles entspannt sich. Naoki ist etwas erschöpft, aber froh, diesen Teil geschafft zu haben. Es waren anstrengende Wochen mit viel zu viel Regen, das macht alles schwieriger. Bei Regen kann man nicht ernten. Regnet es zu viel, bleibt einem nur ein kurzes Zeitfenster zum Handeln, wenn dann wieder Sonne scheint, dann aber ist der Boden oft zu durchgeweichte für die Erntemaschinen.
Jetzt gibt es aber erstmal Tee, ein Gyokuro aus der Yamakai Strauchsorte als Aracha.
Der Tee ist lecker. Er hat eine schöne Tiefe und so viel Umami, dass mir das Wasser im Mund zusammenläuft. Aber er schmeckt auch etwas strohig und die Balance fehlt ihm irgendwie. Das ist typisch für Aracha, denn dem Tee fehlt die Hiire: die letzte „Röstung“. Die Finalisierung findet aber in einem anderen Gebäude statt. Die hohe Luftfeuchtigkeit die durch das Dämpfen und Trocknen der Blätter zwangsläufig in der Aracha-Fabrik herrscht würde bei der finalen Röstung und Trocknung stören.
Einen kurzen Einblick in die neu errichtete Fabrik für die Finalisierung bekommen wir nach einer weiteren Fahrt durch den Regen.
Japanreise 2024 – 7. Mai
Heute stehen zwei besondere Besuche auf unserer Reiseliste. Zu erst beim staatlichen Teeforschungsinstitut der Präfektur Miyazaki in Kawaminami und anschließend bei Shigeru und Haruyo Morimoto. Die sind nicht nur für Teebauern in Miyazaki ein Vorbild, sondern haben auch zu vielen von uns Teehändlern eine fast familiäre Verbindung. Der Zug Richtung Nobeoka fährt wie hier üblich pünktlich um 9:34 ab. Am Bahnhof in Kawaminami sammelt uns ein Großraumtaxi ein und fährt uns die letzten Meter.
Das Büro des Forschungsinstituts ist ein Bau im Siele wissenschaftlicher Schlichte, gradlinig, funktional, nicht verschwenderisch, aber eingerahmt im Grünen von Teefeldern, Wiesen und Bäumen, wirkt es idyllisch.
Am Eingang empfängt uns der Institutsleiter Herr Satō und bittet uns hinein, explizit ohne die Schuhe auszuziehen. Im ersten Stock des Bürogebäudes bekommen wir einen kurzen Vortrag zu Funktion des Instituts und kürzlichen Ereignissen wie den Besuch von Cem Özdemir in Miyazaki anlässlich eines Treffens der G7 Agrarminister.
Hier werden Kultivare gezüchtet, Pflanzenschutzmittel getestet und Maschinen entwickelt und erprobt. Um den weiter an Bedeutung wachsenden Bioanbau und seinen Herausforderungen gerecht zu werden, hat das Institut eine gesonderte Aufzucht und Anbaufläche, um die Möglichkeiten des biologischen Pflanzenschutzes zu erforschen.
Übrigens, die tatsächliche Namensgebung einer neuen Sorte erfolgt ziemlich spät zu erst wird sie lediglich mit der Reihennummer im Feld und dem zugehörigen Institut bezeichnet.
Nach dem Vortrag geht es raus aufs Feld.
Vor einer neuen großen Halle übernimmt dann Herr Atarashi die Führung.
Die Mitarbeiter waren besorgt um die Erdbeinsicherheit der alten Konstruktion und so wurde ein Neubau errichtet.
Auch den restlichen Produktionsweg können wir uns noch einmal sehr genau anschauen, denn soviel Ruhe und Zeit für Erklärungen hatten wir im laufenden Betrieb dafür bisher nicht.
Es folgt eine Teeverkostung, die nicht nur für uns sehr Interessant ist, sondern auch für die Forscher am Institut, den Teehändler aus Europa sind eine Zielgruppe die man sonst nicht für direkte Rücksprache vor Ort hat. Wir bekommen zwei Senchas jeweils als Aracha und als finalisierte Version, zwei Sorten schwarzen Tee, und drei Oolong-Versuche aus unterschiedlichen Japanischen Strauchsorten.
Will man in Miyazaki jetzt Oolongs und Schwarztees herstellen? Ja und Nein. Der Hase liegt wo anders Begraben; Die begehrte erste Ernte erzielt als Sencha hohe Preise. Die zweite Ernte ist aber für viele auch zweite Wahl. Das Angebot groß, die Nachfrage klein und der Preis den die Bauern für ihren Tee bekommen dementsprechend niedrig. Würde man daraus allerdings einen guten Oolong oder Schwarztee herstellen, sähe das anders aus, so die Hoffnung. Die Oolong Herstellung, die viel Handarbeit und Erfahrung erfordert, weitgehend zu automatisieren und anzupassen, stellt für die Japaner eine große Herausforderung da. Die Muster die wir verkosten sind sehr orthodox gestaltet. Mich erinnern sie aromatisch an unseren Tie Guan Yin 314. Der ist sicher auch das chinesische Vorbild, um an den Tee geschmacklich heran zu kommen fehlt es ihnen aber noch an Intensität und vor allem Ausdauer.
Die Zeit vergeht wie im Flug. Wir müssten los schließlich geht es heute noch zu Familie Morimoto und ein Mittagessen brauchen wir auch. So einfach lässt einen niemand in Japan gehen, wir werden noch bis zum Restaurant von Herrn Satō begleitet.
Als wir um 16:30 zu Familie Morimoto aufbrechen, weiß ich das heute ein langer Tag wird. Doch das Treffen ist angenehm, weniger Formal. Haruyo lädt uns ein Reinzukommen ihr Mann ist grade noch beschäftigt. Statt einer Fabrikführung finden wir uns im Wohnhaus ein und ich bewundere das erste klassisch japanische Haus, das ich von innen sehen kann.
Die Atmosphäre ist gelöst, wenn Shigeru spricht geht es nicht nur um den Tee, sondern um die Menschen dahinter und ihrer Beziehung zur Natur.
Er kennt die Teebauern und Forscher im Umland, ist Informiert darüber wen wir die letzten Tage besucht haben. Mit einem vom Institut hatte er früher auch mit Oolong-Herstellung experimentiert, der Mitarbeiter konnte das sehr gut. Viele Arbeiten haben dieses Jahr die jüngere Generation übernommen, das machen sie gut. Überhaupt spricht Shigeru immer gut von Anderen, nur für sich selbst hat er ein strenges Urteil, der Tee diese Jahr ist nicht so geworden wie gewollt, es gab zu viel Regen. Für uns gibt es aber keinen Grund beunruhigt zu sein, etwas an seinem Tee auszusetzen hat er immer, egal wie unglaublich Gut der am Ende geworden ist.
Die Töchter sind grade bei der Ernte in einer entfernten Parzelle alleine. Sie müssten jetzt jeder Zeit eintreffen, Shigeru macht sich deswegen ein bisschen Sorgen, wenn sie länger brauchen gibt es vielleicht ein Problem.
Die Sorgen sind unbegründet, die Töchter treffen kurze Zeit später mit einem Wagen Säcke voll mit Teeblättern ein.
Da schauen wir doch noch kurz in die Fabrik, die Anlieferung haben wir noch nicht live erlebt.
Ob wir noch ein Bier mit ihm Trinken wollen? Aus dem Bier ist schnell ein stattliches Abendessen geworden.
Als wir uns spät Abends verabschieden, meint Haruyo, wir müssen uns keine Gedanken wegen der Umstände machen, im Gegenteil, die Energie die wir ins Hausbringen gibt ihr Kraft, weil sie sich auf sie überträgt.
Japanreise 2024 – 8. Mai
Nach einem letzten Frühstück in Miyazaki ist es Zeit auszuchecken, unser nächstes Camp schlagen wir in einem Hotel in Kagoshima auf, das praktischerweise nur ein paar Schritte vom Bahnhof entfernt liegt. Nachmittags geht es dann weiter zum Teegarten Sakura-No En. Natürlich Reisen wir auch Heute mit dem Zug, aber diesmal mit dem legendären Shinkansen.
Der Zug rauscht dahin. Bilder aus dem Fenster mach ich viele, aber die Scheiben sind verschmiert, der Zug fährt schnell und alle paar Sekunden kommt ein Tunnel. Als wir uns unserm Ziel nähren, erhebt sich eindrucksvoll der aktive Vulkan Sakurajima als Insel in der Bucht vor Kagoshima.
Kagoshima ist eine moderne Großstadt, zumindest wirkt sie so, der Bahnhof wuselt geschäftig. Ladenketten, Hotels und Izakaya Restaurants über, unter und drum herum. Auch wenn wir nur kurz unsere Koffer im Hotel abstellen, bevor wir weiterreisen, fühlt man gleich das es sich hier nicht so ländlich lebt wie in Miyazaki.
Wir springen gleich in den nächsten Zug nach Kumamoto, dort holt uns Herr Kazuya Matsumoto zusammen mit seiner Tochter ab und fährt uns zu den Teegärten Sakura -no En.
Kazuya hat die erste Ernte schon fertiggestellt und so bleibt Zeit, dass er uns seine Teefelder zeigt. Die Parzellen liegen verteilt, allesamt inmitten der Natur, insgesamt nur wenige Hektar. Von allen Teeproduzenten, die wir bisher besucht, haben stellt er die kleinsten Mengen her.
Bioanbau betreibt er aus voller Überzeugung heraus, weit über das Maß des erforderlichen hinaus. Zum Düngen verwendet er nur Raps-Trester aus der Umgebung, Pressreste aus der Ölgewinnung. Insekten möchte er nicht als Schädlinge betrachten, schließlich sind es wir Menschen, die in die Natur eindringen. Dafür lässt er auch die juckenden Bisse eines typischen Teefeldbewohners (vermutlich Grasmilben) über sich ergehen. Die ersten Jahre ist das immer schlimmer geworden, dann hat sich die Natur selbst reguliert und die Plage ist von alleine wieder zurückgegangen.
Weil er fand es wäre inkonsequent bei all dem Naturschutz seine Motoren mit Diesel zu betreiben nutzt er jetzt recyceltes Öl aus den Tempura-Restaurants, zumindest soweit das möglich ist. Verbrennungstemperatur und Kompression sind anders als beim Diesel, die Motoren müssen erst heiß genug laufen, man könnte aber auch nur einen Anteil Diesel zusetzten. Rina, die für uns übersetzt, kommt kaum hinterher so sprudeln die Ideen und Gedanken aus Kazuya herraus. Hätte ich mich nicht zufällig mal mit Verbrennungsmotoren beschäftigt, könnte ich kaum begreifen wovon er spricht.
Nach einem kurzen Interview, fahren wir weiter zu ihm nach Hause für eine kleine Mahlzeit und natürlich Tee.
Dort sind schon allerlei Dinge für uns vorbereitet und es ist kein Touriprogramm. Kazuya hat Leidenschaft für Qualität, „probiert mal hier Noriblätter aus dieser Region“. Es gibt davon verschiedene Qualitätsstufen und dann gibt es welche aus einer andern Region. Reis, einmal klassisch zubereitet, einmal in einem speziellen Keramiktopf. Bei einer regionalen Spezialität wird Klebreis in Bambusblätter gewickelt und fermentiert. Während er darüber erzählt, schweift er ab, es geht um geheimen Samurai-Proviant, er zeichnet eine vorgestellte Linie durch die Ortschaften und Regionen, wo man das bekommen kann. Auch ein regionaler Honig passt dazu. Und das Matchaeis schmeckt mir so gut, das ich Sorge habe, heute Nacht nicht mehr schlafen zu können. Von den 6 Sorten Brot ist noch keine Packung offen, da sind schon alle satt.
Es ist ein bisschen so, als wollte er uns all das zeigen, was für ihn bedeutungsvoll ist, aber wäre sich nicht sicher, ob er erst einen Rahmen, ein Wissensfundament schaffen muss oder lieber eine Mauer in den Köpfen der Leute einreißen soll, damit wir frei sind den Tee für uns selbst zu entdecken.
Wer denkt, es könnte einem langweilig werden, wenn man fünf Tage hintereinander Teefarmer besucht, weiß nicht, wovon er spricht.
Nach dem Tee geht es noch weiter den Berg hinauf, wir besichtigen eine neu hinzugekommene Parzelle und die Fabrik.
Die Fabrik wurde von einem Zusammenschluss einiger einzelner Bauern finanziert, die für eine eigene Fabrik nicht genug Geld hatten oder deren Teegärten zu klein wären, diese wirtschaftlich sinnvoll zu betreiben. Einige haben aber mittlerweile den Teeanbau aufgegeben, genutzt wird sie, außer von der Familie Matsumoto nur noch von einem andern Teebauern.
Wir verweilen nicht lange in der stillen Fabrik, denn allzu früh ist es nicht mehr. Die Bergfahrten ziehen die Strecke in die Länge und wir müssen noch mit dem Zug zurück nach Kagoshima für ein Abendessen und ein Bett.
Vom Teegarten Sakura-No En haben wir den Shincha Moe und den Sakura No Sencha (1. Ernte) im Sortiment.
Japanreise 2024 – 9. Mai
Heute geht es von Kagoshima ein Stück zurück in Richtung Miyazaki, um Shutaro Hayashi zu treffen. Shutaro steckt aber noch mitten in der Produktion und wir treffen uns erstmal mit seinem Vater Osamu und der Schwester Momoko, um die Teefelder der Familie zu besichtigen. Die Sonne strahlt intensiv und blendend hell auf die Teefelder, als wir am späten Vormittag ankommen.
Rings um zwei flache Schuppen erstrecken sich Teefelder in alle Richtungen, auf der einen Seite wird geerntet, an einer anderen lange schwarze Netze zum Beschatten über die Felder gezogen. Frisch geschnittene Felder wechseln sich mit jenen ab, die noch auf die zweite Ernte warten. Man erkennt auf den ersten Blick, dass hier in einem größeren Stil gearbeitet wird als in dem Garten von Kazuya Matsumoto, den wir gestern gesehen haben. Wenn man aber fragt, wie viele Hektar genau sie haben, bekommt man unterschiedliche Antworten, je nachdem, wen man fragt. Zählt man zu den Feldern, die man besitzt, auch jene, die man „nur“ bewirtschaftet? Wie zählt man Felder, die angelegt sind, aber noch nicht geerntet werden oder solche, die vielleicht nur gerade nicht genutzt werden?
So um die 20 Hektar müssen es aber sein und während wir hindurch geführt werden erschließt sich mir eine ungeahnte Vielfältigkeit.
Shutaro liebt die Vielfalt, wenn es nach ihm geht, können noch 10 Hektar verschiedener Sorten dazukommen. „Er muss die ja auch nicht ernten“, lacht Kenji, der sich hauptsächlich darum kümmert. Wenn das so weitergeht, bleibt ihm bei der Ernte keine Zeit zum Schlafen. Unbegründet ist diese Sorge nicht, zur Ernte steht Kanji morgens schon vor 5 Uhr auf und arbeitet bis abends um 7. Hier wäre das nicht so schlimm, aber eine andere Parzelle liegt so dicht am steilen Hang, dass man in die Tiefe stürzt, wenn man unvorsichtig ein Stück zu weit fährt. Die Vielfalt hilft aber auch Kenji bei der Ernte, denn so muss nicht alles auf einmal eingefahren werden. Unterschiedliche Kultivare treiben unterschiedlich früh aus und ziehen somit die perfekte Erntezeit auseinander.
Damit wir noch einen Einblick auf den Kabusecha bekommen, werden wir extra vor der Ernte gerufen nachdem ein Feld frisch abgedeckt wurde.
Durch den abwärts gerichteten Windstrom wird die Bodenwärm besser gestaut.
Seit Familie Hayashi eine neue größere Fabrik gebaut hat, wird die alte Fabrik für die Schwarztee Herstellung genutzt. Wir lassen uns darum die Gelegenheit nicht entgehen, mal einen Blick hinein zu werfen.
Als letztes wird der Tee bei 80° getrocknet. „Eigentlich ganz einfach“ findet Osamu.
Die Fabrik ist groß, gut organisiert und wie ich schon öfter feststellen musste überraschend sauber. Pro Stunde können hier 700kg Frische Blätter verarbeitet werden, das ergibt ca. 140kg Aracha. Wir können uns frei bewegen und da ich mittlerweile die meisten Abläufe gut kenne laufe ich nicht mehr dem Blätter auf ihrem Weg über das Fließband hinterher, sondern lasse die Fabrik als ganzes auch mich wirken.
Wenn Shutaro durch die Gänge von einer zur nächsten Etappe läuft und seinen Tee in den verschiedenen Phasen kontrolliert, sind seine Schritte schnell und leicht, sodass man vergessen möchte, wie enorm viel Arbeit am Ende der Ernte hier verrichtet wurde. Woher kommt Energie für diese Unbeschwertheit? „Natürlich vom Koffein in vielen Litern gutem Tee“ spaßen wir, aber das wird nicht alles sein.
Shutaro hat Leidenschaft für seinen Tee, von den verschiedenen Sorten auf dem Feld bis zur Fertigstellung in der Fabrik.
Das die Familie schon in 5. Generation Tee herstellt, lässt ihn auf viel Erfahrung zurückgreifen und hat langfristige Investitionen wie die neue Fabrik möglich gemacht. Auch jemanden wie seinen Bruder Kenji auf dem Feld zu haben, der zuverlässig die richtigen Entscheidungen trifft, gibt Shutaro den Rückhalt, sich ganz auf die Herstellung zu konzentrieren.
„Die Brüder sind ganz verschieden, während in Shutaro Ideen lange im Kopf umherträgt, bevor sie umgesetzt werden, entscheidet Kenji spontaner aus dem Bauch heraus, aber sie verstehen, was der andere braucht und ergänzen sich“, erklärt uns Osamu
Es ist so, als wäre alles zusammen gekommen, als stünden die Sterne richtig, damit Shutaro seinen Tee machen kann und das Shutaro das sehr gut macht, spricht keiner aus, aber man spürt es.
Der Vater ist stolz und der Geschmack des Tees lässt keine Zweifel offen.
Morgen müssen wir dafür um so früher raus um die Fähre nach Yakushima zu nehmen.
Von Familie Hayashi haben wir den Miumori Kirishima Sencha, den Kanaya Midori Sencha, einen Tokujou Sencha und den feinen Tennen Gyokuro im Sortiment.
Außerdem mit dem Kirishima Miumori einen japanischen Schwarztee.