Japanreise 2024 – 8. Mai

Nach einem letzten Frühstück in Miyazaki ist es Zeit auszuchecken, unser nächstes Camp schlagen wir in einem Hotel in Kagoshima auf, das praktischerweise nur ein paar Schritte vom Bahnhof entfernt liegt. Nachmittags geht es dann weiter zum Teegarten Sakura-No En. Natürlich Reisen wir auch Heute mit dem Zug, aber diesmal mit dem legendären Shinkansen.

Der Fotofilter für dieses Bild nennt sich „dreckiges Fenster“, ein bisschen schau das Ganze nach einer digital kolorierten historischen Aufnahme aus. Reisfelder sieht man unterwegs in Japan an jeder erdenklichen Stelle.

Der Zug rauscht dahin. Bilder aus dem Fenster mach ich viele, aber die Scheiben sind verschmiert, der Zug fährt schnell und alle paar Sekunden kommt ein Tunnel. Als wir uns unserm Ziel nähren, erhebt sich eindrucksvoll der aktive Vulkan Sakurajima als Insel in der Bucht vor Kagoshima.
Kagoshima ist eine moderne Großstadt, zumindest wirkt sie so, der Bahnhof wuselt geschäftig. Ladenketten, Hotels und Izakaya Restaurants über, unter und drum herum. Auch wenn wir nur kurz unsere Koffer im Hotel abstellen, bevor wir weiterreisen, fühlt man gleich das es sich hier nicht so ländlich lebt wie in Miyazaki.

Trostbild vom Sakurajima aus der Hotellobby im 7. Stockwerk.

Wir springen gleich in den nächsten Zug nach Kumamoto, dort holt uns Herr Kazuya Matsumoto zusammen mit seiner Tochter ab und fährt uns zu den Teegärten Sakura -no En. 
Kazuya hat die erste Ernte schon fertiggestellt und so bleibt Zeit, dass er uns seine Teefelder zeigt. Die Parzellen liegen verteilt, allesamt inmitten der Natur, insgesamt nur wenige Hektar. Von allen Teeproduzenten, die wir bisher besucht, haben stellt er die kleinsten Mengen her.

Diese Berge fahren wir gleich hoch.
Diese Schild wurde von der Präfektur Kumamoto in seinen Teegarten gestellt und weist darauf hin das Familie Matsumoto hier seit etwa 1990 BIO-Anbau betreibt. Ziel ist es, das auch für Außenstehende sichtbar zu machen.
Kazuya Matzumoto vor seinen Teefeld vom dem der großartige Shincha Moe stammt.

Bioanbau betreibt er aus voller Überzeugung heraus, weit über das Maß des erforderlichen hinaus. Zum Düngen verwendet er nur Raps-Trester aus der Umgebung, Pressreste aus der Ölgewinnung.  Insekten möchte er nicht als Schädlinge betrachten, schließlich sind es wir Menschen, die in die Natur eindringen. Dafür lässt er auch die juckenden Bisse eines typischen Teefeldbewohners (vermutlich Grasmilben) über sich ergehen. Die ersten Jahre ist das immer schlimmer geworden, dann hat sich die Natur selbst reguliert und die Plage ist von alleine wieder zurückgegangen. 

Weil er fand es wäre inkonsequent bei all dem Naturschutz seine Motoren mit Diesel zu betreiben nutzt er jetzt recyceltes Öl aus den Tempura-Restaurants, zumindest soweit das möglich ist. Verbrennungstemperatur und Kompression sind anders als beim Diesel, die Motoren müssen erst heiß genug laufen, man könnte aber auch nur einen Anteil Diesel zusetzten. Rina, die für uns übersetzt, kommt kaum hinterher so sprudeln die Ideen und Gedanken aus Kazuya herraus. Hätte ich mich nicht zufällig mal mit Verbrennungsmotoren beschäftigt, könnte ich kaum begreifen wovon er spricht.

Kleine Bewohner sieht man hier überall.
Wenn man einen Blick um die Ecke wirf merkt man wie wild die Natur hier noch ist.

Nach einem kurzen Interview, fahren wir weiter zu ihm nach Hause für eine kleine Mahlzeit und natürlich Tee.

Dort sind schon allerlei Dinge für uns vorbereitet und es ist kein Touriprogramm. Kazuya hat Leidenschaft für Qualität, „probiert mal hier Noriblätter aus dieser Region“. Es gibt davon verschiedene Qualitätsstufen und dann gibt es welche aus einer andern Region. Reis, einmal klassisch zubereitet, einmal in einem speziellen Keramiktopf. Bei einer regionalen Spezialität wird Klebreis in Bambusblätter gewickelt und fermentiert. Während er darüber erzählt, schweift er ab, es geht um geheimen Samurai-Proviant, er zeichnet eine vorgestellte Linie durch die Ortschaften und Regionen, wo man das bekommen kann. Auch ein regionaler Honig passt  dazu. Und das Matchaeis schmeckt mir so gut, das ich Sorge habe, heute Nacht nicht mehr schlafen zu können. Von den 6 Sorten Brot ist noch keine Packung offen, da sind schon alle satt.

Da vor ihm liegt der leicht fermentierte Reis, der schimmelsichere Samurai-Proviant.
Ich hab mir vorgenommen alles in Japan zumindest zu probieren: diese Mischung aus Sencha, Reis und Baby-Sardellen und einer sauren Pflaume, war eine Herausforderung.
Nicht Essig und Öl, sondern die zwei Sorten recyceltes Tempura-Restaurant Frittieröl für die Maschinen.
Dann kommen wir zum Tee. Erst mal gibt es einen klassischen Sencha, zubereitet einmal mit kaltem Wasser und sehr kurzer Ziehzeit, einmal lang ziehen lassen, dann wird er heiß aufgegossen. Tee aus Japan kann vielfältig sein, wenn man sich nur traut, ausprobiert und experimentiert. Wieder sprudeln die Ideen hervor, erst wird ein Tee kurz geröstet, schmeckt gut, dann wird der Tee sogar verbrannt. „Kalt zu Fleisch schmeckt das wunderbar“ schwärmt Herr Matsumoto. Vielleicht könnte man solchen Tee zum Essen wie einen Wein servieren, für die Leute die keinen Alkohol wollen?
Aus einem frischen Sencha wird vor unseren Augen ein Hojicha. Die Röstung erfolgt in einer dafür vorgesehenen Keramikschale mit eingebautem Trichter über dem Gaskocher.
Als der weltklasse Shincha dann mit Flambier mehr als nur leicht verband wird und anschließend unter einem Glas in seinem eigenen Rauch zieht, setzen bei den Grünteeliebhabern sichtbare Zweifel an dieser Methode ein. Mir als Freund rauchiger Pu Erhs hat die Abwechselung ganz gut gefallen. Wer seinen Tee nicht selbst verbrennen will: einen japanischen Rauchtee haben wir seit kurzem auch im Sortiment.

Es ist ein bisschen so, als wollte er uns all das zeigen, was für ihn bedeutungsvoll ist, aber wäre sich nicht sicher, ob er erst einen Rahmen, ein Wissensfundament schaffen muss oder lieber eine Mauer in den Köpfen der Leute einreißen soll, damit wir frei sind den Tee für uns selbst zu entdecken.
Wer denkt, es könnte einem langweilig werden, wenn man fünf Tage hintereinander Teefarmer besucht, weiß nicht, wovon er spricht.

Nach dem Tee geht es noch weiter den Berg hinauf, wir besichtigen eine neu hinzugekommene Parzelle und die Fabrik.

Es geht weiter mit dem Auto, die Parzellen liegen verteilt und zur Nächsten schlängeln wir uns eine schmale Straße den Berg hinauf, durch den Wald.
Wenn die Teebauern einen Zaun brauchen, wird einfach aus dem Teestrauch eine Hecke.
Die Erntemaschine wird kurz umgeparkt.


Die Fabrik wurde von einem Zusammenschluss einiger einzelner Bauern finanziert, die für eine eigene Fabrik nicht genug Geld hatten oder deren Teegärten zu klein wären, diese wirtschaftlich sinnvoll zu betreiben. Einige haben aber mittlerweile den Teeanbau aufgegeben, genutzt wird sie, außer von der Familie Matsumoto nur noch von einem andern Teebauern.
Im Genossenschaftsbetrieb wird nach Stunden abgerechnet.
Dieses Teil ging diesmal kaputt, ab einer festgelegten Schadenhöhe muss der Nutzer zuzahlen, Kleinreparaturen und normale Wartung sind in der Miete mit inbegriffen.

Wir verweilen nicht lange in der stillen Fabrik, denn allzu früh ist es nicht mehr. Die Bergfahrten ziehen die Strecke in die Länge und wir müssen noch mit dem Zug zurück nach Kagoshima für ein Abendessen und ein Bett.

Getränke bekommt man Unterwegs immer, im Gegensatz zu den Automaten aus Deutschland auch relativ günstig ab 100Yen (65Cent)
Diese „Pizzakreation“ war eigentlich eine willkommene Abwechselung, leider wurde die frische Tomatensoße durch Mayonnaise ersetzt, so das sie mir etwas schwer im Magen liegt.
Abendlicher Blick aus meinem Hotelzimmer: Ich stelle fest, ein bunt blinkendes Riesenrad stört ein bisschen beim konzentrierten Arbeiten am Laptop.

Vom Teegarten Sakura-No En haben wir den Shincha Moe und den Sakura No Sencha (1. Ernte) im Sortiment.

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