Japanreise 2024 – 9. Mai

Heute geht es von Kagoshima ein Stück zurück in Richtung Miyazaki, um Shutaro Hayashi zu treffen. Shutaro steckt aber noch mitten in der Produktion und wir treffen uns erstmal mit seinem Vater Osamu und der Schwester Momoko, um die Teefelder der Familie zu besichtigen. Die Sonne strahlt intensiv und blendend hell auf die Teefelder, als wir am späten Vormittag ankommen.

Osamu Hayashi und Momoko überblicken die Teefelder

Rings um zwei flache Schuppen erstrecken sich Teefelder in alle Richtungen, auf der einen Seite wird geerntet, an einer anderen lange schwarze Netze zum Beschatten über die Felder gezogen. Frisch geschnittene Felder wechseln sich mit jenen ab, die noch auf die zweite Ernte warten. Man erkennt auf den ersten Blick, dass hier in einem größeren Stil gearbeitet wird als in dem Garten von Kazuya Matsumoto, den wir gestern gesehen haben. Wenn man aber fragt, wie viele Hektar genau sie haben, bekommt man unterschiedliche Antworten, je nachdem, wen man fragt. Zählt man zu den Feldern, die man besitzt, auch jene, die man „nur“ bewirtschaftet? Wie zählt man Felder, die angelegt sind, aber noch nicht geerntet werden oder solche, die vielleicht nur gerade nicht genutzt werden?
So um die 20 Hektar müssen es aber sein und während wir hindurch geführt werden erschließt sich mir eine ungeahnte Vielfältigkeit.

Das geschulte Auge erkennt es gleich, dies ist ein Zairai-Feld, die Pflanzen sind aus Samen gezogen, die genetische Vielfalt spiegelt sich in unterschiedlichen Grüntönen, Blattformen und Wachstumseigenschaften wieder.
Wenn man genau hinschaut kann man durchaus erkennen wo eine Pflanze aufhört und die nächste anfangt.
Eine Pflanze mit so roten jungen Blattknospen fällt natürlich auf, es gibt auch Züchtungen mit dem Ziel diese Eigenschaft zu verstärken, bzw. den Anthocyangehalt zu steigern wie z.B. die Stauchsorte Sunrouge.
Im Feld vor uns taucht dann auch noch Shutaro’s Bruder Kenji auf, der parkt noch kurz die Erntemaschine ein und schließt sich der Gruppe an.
Dieser Haufen Düngervorrat ist eine Mischung aus Rapstrester und Hühnermist, der einzige Zusatz den diese Pflanzen hier im Bioanbau bekommen.
Auf diesem neu angelegten Feld wurde vorletztes Jahr Sae Akari Pflanzen gesetzt.

Shutaro liebt die Vielfalt, wenn es nach ihm geht, können noch 10 Hektar verschiedener Sorten dazukommen. „Er muss die ja auch nicht ernten“, lacht Kenji, der sich hauptsächlich darum kümmert. Wenn das so weitergeht, bleibt ihm bei der Ernte keine Zeit zum Schlafen. Unbegründet ist diese Sorge nicht, zur Ernte steht Kanji morgens schon vor 5 Uhr auf und arbeitet bis abends um 7. Hier wäre das nicht so schlimm, aber eine andere Parzelle liegt so dicht am steilen Hang, dass man in die Tiefe stürzt, wenn man unvorsichtig ein Stück zu weit fährt. Die Vielfalt hilft aber auch Kenji bei der Ernte, denn so muss nicht alles auf einmal eingefahren werden. Unterschiedliche Kultivare treiben unterschiedlich früh aus und ziehen somit die perfekte Erntezeit auseinander.

Damit wir noch einen Einblick auf den Kabusecha bekommen, werden wir extra vor der Ernte gerufen nachdem ein Feld frisch abgedeckt wurde.

Zwei Reihen beschattete Okumidori Pflanzen. Man kann gut den Unterschied zur unbeschatteten Reihe unten rechts sehen.
Zum direkten Vergleich ein Blatt vom nicht nicht beschatteten Strauch der gleichen Sorte.
Die Windräder dienen dem Frostschutz, in den verhältnismäßig milden Wintern müssen die frischen Blattknospen nur einige besonders kalte Nächte vor Frost geschützt werden.
Durch den abwärts gerichteten Windstrom wird die Bodenwärm besser gestaut.
Einige Teepflanzen hier sind schon um die hundert Jahre alt, der Unterschied lässt sich von Außen nur am Stamm erkennen und ist aber am größten im Wurzelsystem der Pflanze. So alte Pflanzen sind immer aus Samen gezogen, zum einen bricht bei Stecklingspflanzen meist nach 40 Jahren der Ertrag ein (vor allem im konventionellen Anbau, die Pflanzen hier im biologischen Anbau leben durchaus länger), zum anderen sind solche sortenreinen Felder über Stecklinge eine moderne Methode, die es hier vor 100 Jahren praktisch nicht gab.

Seit Familie Hayashi eine neue größere Fabrik gebaut hat, wird die alte Fabrik für die Schwarztee Herstellung genutzt. Wir lassen uns darum die Gelegenheit nicht entgehen, mal einen Blick hinein zu werfen.

Nach der Ernte welkt der Tee als erstes in diesen Kisten bis er nach etwa 20 Stunden 50% seiner Feuchtigkeit verloren hat. In die Kisten sind dafür Ventilatoren eingebaut die konstant Luft von unten durch den Gitterboden blasen.
Die Rollmaschine kommt auch bei der Grünteeproduktion zum Einsatz, bei der Schwarztee Herstellung wird der Tee aber für eine ganze Stunde gerollt um die Blattstruktur aufzubrechen, und nicht nur ein paar Sekunden.
Nach dem Rollen wird der Tee dann in Kisten gefüllt und für 1-2 Stunden in Regal gestellt um hier zu Oxidieren, je nach dem wie stark der Tee durch oxidiert sein soll kürzer oder länger.
Als letztes wird der Tee bei 80° getrocknet. „Eigentlich ganz einfach“ findet Osamu.
Das Ergebnis kann sie sehen lassen, von allen japanischen Schwarztees hat mir dieser bisher am besten geschmeckt. Den Kirishima Miumori Tee haben wir auch im Sortiment.
Diese Bambus „Gerätschaften“ werden für die traditionelle Oolong Herstellung verwendet, ein befreundeter Bauer hat sie Osamu überlassen.
„Meow“
Wir fahren wieder durch den Wald, jetzt geht es zu Shutaro in die neue Fabrik.

Die Fabrik ist groß, gut organisiert und wie ich schon öfter feststellen musste überraschend sauber. Pro Stunde können hier 700kg Frische Blätter verarbeitet werden, das ergibt ca. 140kg Aracha. Wir können uns frei bewegen und da ich mittlerweile die meisten Abläufe gut kenne laufe ich nicht mehr dem Blätter auf ihrem Weg über das Fließband hinterher, sondern lasse die Fabrik als ganzes auch mich wirken.

Das Förderband mit Drehteller streut die angelieferten Blätter locker in die Container.
Zwei Tonnen Blätter fasst jeder der beiden Container.
Bei Bedarf wird, vor dem Dämpfen, mit dieser Maschine Vulkanstaub von den Blättern gewaschen.
Blattgut nach dem Dämpfen
Im Verhältnis zu Shutaro im Hintergrund kann man die Dimension dieser Rollmaschinen erahnen.

Wenn Shutaro durch die Gänge von einer zur nächsten Etappe läuft und seinen Tee in den verschiedenen Phasen kontrolliert, sind seine Schritte schnell und leicht, sodass man vergessen möchte, wie enorm viel Arbeit am Ende der Ernte hier verrichtet wurde. Woher kommt Energie für diese Unbeschwertheit? „Natürlich vom Koffein in vielen Litern gutem Tee“ spaßen wir, aber das wird nicht alles sein.
Shutaro hat Leidenschaft für seinen Tee, von den verschiedenen Sorten auf dem Feld bis zur Fertigstellung in der Fabrik.
Das die Familie schon in 5. Generation Tee herstellt, lässt ihn auf viel Erfahrung zurückgreifen und hat langfristige Investitionen wie die neue Fabrik möglich gemacht. Auch jemanden wie seinen Bruder Kenji auf dem Feld zu haben, der zuverlässig die richtigen Entscheidungen trifft, gibt Shutaro den Rückhalt, sich ganz auf die Herstellung zu konzentrieren.
„Die Brüder sind ganz verschieden, während in Shutaro Ideen lange im Kopf umherträgt, bevor sie umgesetzt werden, entscheidet Kenji spontaner aus dem Bauch heraus, aber sie verstehen, was der andere braucht und ergänzen sich“, erklärt uns Osamu
Es ist so, als wäre alles zusammen gekommen, als stünden die Sterne richtig, damit Shutaro seinen Tee machen kann und das Shutaro das sehr gut macht, spricht keiner aus, aber man spürt es.
Der Vater ist stolz und der Geschmack des Tees lässt keine Zweifel offen.

Osamu fährt mit uns zum Restaurant. Japanische Automobile sind erstaunlich Platzeffizient.
Diese kunstvollen Speisekarten geben Touristen und Einheimischen einen guten Überblick.
Im Gegensatz zu deutschen Fastfoodketten kommt das echte Essen hier der Repräsentation auf der Speisekarte ziemlich nahe.
Diesmal haben wir es noch vor Sonnenuntergang zurück ins Hotel geschafft.
Morgen müssen wir dafür um so früher raus um die Fähre nach Yakushima zu nehmen.

Von Familie Hayashi haben wir den Miumori Kirishima Sencha, den Kanaya Midori Sencha, einen Tokujou Sencha und den feinen Tennen Gyokuro im Sortiment.
Außerdem mit dem Kirishima Miumori einen japanischen Schwarztee.

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